Junge Talente, die an bekannten Castingshows teilnehmen, verkraften das dort Erlebte und das mediale Echo höchst unterschiedlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) und des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI).
Die Forscherinnen nahmen das Phänomen Castingshow aus einer neuen Perspektive unter die Lupe: Das Team um Maya Götz (IZI) befragte 59 ehemalige Castingshow-Kandidatinnen und -Kandidaten zu ihren ganz persönlichen Eindrücken und Erlebnissen während und nach ihrer Zeit im Rampenlicht – die systematische Befragung ehemaliger Kandidatinnen und Kandidaten stellt ein Novum dar. Dem Forscherteam gelang es dabei, ein nuanciertes Bild zwischen der Castingshow als Karrieresprungbrett und Krisenbeginn zu zeichnen: Insgesamt sieben verschiedene Teilnehmertypen konnten die Forscherinnen identifizieren. Die Studie zeigt, wie ambivalent die ehemaligen Kandidatinnen und Kandidaten das Durchlaufen der Fernsehproduktionen im Nachhinein empfinden.
Negative Erfahrungen weisen dabei vielfältigere Schattierungen auf als Positive. „Von den sieben verschiedenen Typen von Castingshow-Kandidaten resümieren nur zwei überwiegend positiv: Zum einen Profis, die durch ihre Teilnahme einen Karrieresprung machen und, zum anderen, Neuentdeckungen, die ins Rampenlicht katapultiert werden“, so die Leiterin der Studie Maya Götz. „Aber auch die erfolgsverwöhnteren Kandidatinnen und Kandidaten merkten die Auswirkungen von kurzzeitigem Ruhm und beurteilen diese im Nachhinein oftmals kritisch. Bei den verbleibenden fünf Erfahrungsmustern kristallisierten sich in unterschiedlichen Ausprägungen immer mehr negative Aspekte heraus.“
Abgewertete Hoffnungsträger
So berichten etwa abgewertete Hoffnungsträgerinnen (Typ 3), wie Annemarie Eilfeld, über die Wirkung, die der medial getragene Aufstieg und Fall in der Produktionszeit auf sie hatte: „Ich war 18 Jahre alt und kannte diese Art einer TV-Produktion nicht. Ich vertraute immer allen und im Nachhinein war das naiv und hat mir und meiner Familie sehr viel Schmerz bereitet.“
Heimliche Komplizen und Beschämung
Götz beurteilt die Einstellung der Kandidatinnen und Kandidaten als relativ unbedarft: „Dass bei diesen TV-Sendungen nicht immer die reine Leistung im Mittelpunkt steht, ist den meisten Kandidatinnen und Kandidaten zwischen den Zeilen schon vor dem Start bewusst. Wie die Arbeit mit absoluten Profis jedoch ausgeht, hängt vom Teilnehmertyp und der ihm oder ihr zugedachten Rolle ab“. So liefern die Studienergebnisse vier weitere Erfahrungsmuster, die dem Zusammenspiel zwischen Produzenten und Kandidaten Rechnung tragen. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zu heimlichen Komplizen (Typ 4) der Produktionsfirma und arbeiten am zugedachten Image mit, sind dann jedoch vom Echo auf ihre Darstellung überrascht. Andere werden sich ihrer Rolle nicht bewusst und kompensieren die negative Darstellung, indem sie Beschämung umdeuten (Typ 5). Sie genießen die Aufmerksamkeit, die sie durch einen gewissen Würdeverlust erfahren.
Mediale Bloßstellung
Problembeladen wird das Leben für Kandidatinnen und Kandidaten der Typen 6 und 7, also diejenigen, die medial bloßgestellt werden oder im Anschluss psychisch überfordert sind. „Diese Teilnehmer berichteten uns von massiven Problemen im Nachgang der Produktion. Für manche wurde die ständige Wiederholung ihrer Auftritte zum psychischen Verhängnis, andere konnten die Anforderungen einer Produktion nicht verarbeiten“, so Götz.
Die Dokumentation „Sprungbrett oder Krise? Das Erlebnis Castingshow-Teilnahme“ können Sie bei der LfM kostenlos im PDF-Format herunterladen.
Quelle: www.lehrer-online.de